09 Lug Glanz & Gloria: Die exklusivsten Automobile der Welt in Monaco
Wir besuchten Monte-Carlo am dritten Concours-Tag mit einem Mann, der hier praktisch jeden Teilnehmer und jedes Fahrzeug kennt und sogar das eine oder andere einst verkauft hat: dem renommierten Ferrariexperten und -händler Thomas Hamann.
Der in den USA ansässige Hamann kennt sich als Gründer des „New York City Concours d’Elégance“ mit den Herausforderungen der Organisation eines Concours aus und ist nicht nur deshalb unser idealer Begleiter dieser „Auszeit Spezial“. Neben vielen anderen exklusiven europäischen Sportwagen ist er vor allem als Autorität für klassische italienische Automobile bekannt – allen voran aus dem Hause Ferrari.
Und an Ferraris mangelte es wahrlich nicht bei dieser Veranstaltung: 13 der insgesamt 47 Teilnehmerfahrzeuge stammten aus Maranello. Darunter alleine drei Ferrari 166MM Barchetta. Das Fahrzeug mit der Chassisnummer 0006M ist der dritte von Ferrari gebaute Straßenrennwagen überhaupt und die 0008M der vierte und war einst mit Clemente Biondetti Sieger der Mille Miglia von 1949. Es war der erste Sieg einer Mille Miglia für die Scuderia Ferrari. Für Hamann ist dieses Fahrzeug das automobilhistorisch bedeutendste dieses Concours. Nicht zuletzt, weil in diesem Fahrzeug der erste Sieg Ferraris beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans errungen wurde. Dabei fuhr der damalige Eigentümer, der britische Adelige Lord Selsdon, gerade einmal 30 Minuten. Die restlichen 23 ½ Stunden meisterte der italo-amerikanische Rennfahrer Luigi Chinetti – eine heute noch unfassbare und kaum vorstellbare sportliche Leistung.
Alle 47 vorgestellten Fahrzeuge lohnen einer ausführlichen Beschreibung – aber dies würde den Umfang dieses Beitrags deutlich sprengen. Daher konzentrieren wir uns in diesem Artikel auf die absoluten Highlights.
Kurios und wahrlich einzigartig ist der unter anderem in Monte-Carlo präsentierte Lancia Stratos Zero. Mit dieser Studie, gezeichnet von Bertone-Chefdesigner Marcello Gandini, soll sich Bertone bei Lancia beworben haben – offensichtlich mit Erfolg. 1970 wurde der nur 84 Zentimeter hohe „Keil“ auf der Motor Show in Brüssel vorgestellt und sorgte dort für ordentlich Aufsehen. Fahrbar ist das futuristische Einzelstück kaum, dafür ist es eine echte Augenweide und sorgt jedes Mal für Begeisterung.
Eine wahre Schönheit war auch das 1937er Alfa Romeo 8C 2900 Touring Berlinetta Coupé, das im vergangenen Jahr Concours-Auszeichnungen auf der ganzen Welt gesammelt hat – von Pebble Beach über Villa d’Este bis hin zum „Best of the Best Award“ 2018 in Paris. Besitzer David Sydorick konnte auch in Monte-Carlo abräumen und gewann die Kategorie „Bella Macchina – Coupé de S.A.S. Le Prince Souverain“. Und wer könnte da schon widersprechen?
Ein weiteres Highlight aus dem Hause Ferrari war in diesem Jahr der Ferrari 512S Modulo. Diese reine Designstudie von 1970 mit 5-Liter-V12 war zu experimentell für die Serienproduktion und wurde 2014 von dem amerikanischen Automobilsammler James Glickenhaus für einen unbekannten Preis von Pininfarina gekauft, nachdem er dort jahrzehntelang nahezu unberührt in einem Lager stand.
Glickenhaus hat viel in das Fahrzeug investiert, um es wieder fahrbereit zu machen, doch ein so einzigartiges Fahrzeug auf öffentlichen Straßen zu bewegen birgt immer ein gewisses Risiko. Offensichtlich hatte der Auspuff des Fahrzeugs einen Defekt. Ob das heiße Wetter eine Mitschuld hatte, ist nicht ganz klar. Jedenfalls hat dieses seltene Fahrzeug während der Ausfahrt am Samstag plötzlich Feuer gefangen. Glücklicherweise konnte die eingebaute Löschanlage schlimmeres verhindern und weder Fahrer noch Fahrzeug haben größeren Schaden erlitten.
Die große Hitze war es aber mit Sicherheit, die Lawrence Auriana aus Connecticut zu schaffen machte. Sein grüner Maserati V4 Zagato hatte einen Kühlerschaden. Da im oberen Teil Monacos keine Abschleppwagen zugelassen sind, musste er Wohl oder Übel seinen Wagen mit defektem Kühler bis zum Palast und zurück fahren. Glücklicherweise ohne zusätzlichen Schaden zu nehmen, denn nur zwei Maserati V4 wurden je gebaut: ein Rennfahrzeug und diese Straßenversion. Der Motor besteht aus zwei 2.0 Liter Maserati-Motoren und ist der einzige 16-Zylinder italienischer Abstammung.
Besitzer klassischer Automobile kennen das Temperaturproblem an heißen Tagen und so ziemlich Jeder kam schon einmal beim Betrachten der stetig steigenden Temperaturnadel in einem Sommerstau zusätzlich ins Schwitzen. Bei hohen Außentemperaturen hilft naturgemäß nur eins: Fahrtwind! Doch ausgerechnet davon gibt es bei einem Concours, bei dem bevorzugt Schrittgeschwindigkeit gefahren wird, üblicherweise viel zu wenig.
Und tatsächlich hatten die meisten Besitzer der knapp fünfzig Concours-Fahrzeuge mit Schwierigkeiten aufgrund von Überhitzung zu kämpfen. Auch der Ferrari 250 GTO (Chassis 3445GT) von Chris & Ann Cox aus North Carolina hat in der Sonne der Côte d’Azur Federn lassen müssen. Das Fahrzeug wurde vom schwedischen Rennfahrer Ulf Norinder einst in seinen Landesfarben lackiert und brillierte 1964 bei der „Targa Florio“. Fast drei Stunden musste Chris Cox bei der freitäglichen Ausfahrt am Straßenrand auf den Abschleppwagen warten, nachdem die Benzinzufuhr aufgrund der starken Benzinverdunstung ausfiel. Für die enorm lange Wartezeit hatte er wenig Verständnis. Grund dafür war die Tatsache, dass es viel zu wenige Servicefahrzeuge gab. Insgesamt wurde an diesem Wochenende häufiger Kritik an der Organisation des Concours laut. Chris Cox nahm seine Panne letztlich mit Humor – schließlich hat er schon größere Tragödien mit seinem GTO erlebt. Zum Beispiel als ihm im Jahr 2014 eine Frau in einem Hyundai die Vorfahrt nahm und einen Unfall verursachte. Es war der wahrscheinlich teuerste Straßenunfall aller Zeiten. Über die Reparaturkosten sind keine Details bekannt, aber die aufwendige Instandsetzung und umfassende Restaurierung im Werk bei Ferrari Classiche dürfte astronomisch teuer gewesen sein.
Doch die große Hitze machte nicht nur den Fahrzeugen zu schaffen und so drängten sich die meisten Besitzer der edlen Gefährte zur abschließenden Preisverleihung auf dem Vorplatz des „Le Palais Princier“ in den Schatten der wenigen großen Bäume. Nur Prinzessin Charlène schien die Hitze nichts auszumachen. In sommerlichem Look mit heller Bluse und gestreiftem Rock schlenderte sie würdevoll zwischen den Fahrzeugen hindurch, als könnten ihr die pralle Sonne und die glühende Hitze nichts anhaben.
Anders als bei anderen Veranstaltungen dieser Art, wurde in Monte-Carlo kein Preis für „Best of Show“ vergeben. Stattdessen übergab Prinzessin Charlène neun Auszeichnungen in verschiedenen Kategorien sowie einen Sonderpreis der Jury an den Lancia Stratos Zero.
Nach der Vergabe der Preise zogen sich die Teilnehmer zum Lunch in den Prinzenpalast der Grimaldis zum Abschluss des dreitägigen Concours zurück. Eine schöne und glanzvolle Veranstaltung mit einzigartigen Fahrzeugen ging damit zu Ende. Ob nach der fast zwanzigjährigen Pause der Concours „Elégance et Automobile à Monte-Carlo“ nun wieder regelmäßig stattfinden wird, ist noch nicht bekannt. In diesem Falle sollte sich der „Automobile Club de Monaco“ allerdings die Kritik der Teilnehmer zu Herzen nehmen und einige organisatorische Punkte verbessern. Falls dies gelingt, dürfte der Concours wegen seiner Exklusivität und seinem aristokratischen Glanz zu einem festen Termin auf dem automobilen Kalender der Fans seltener und besonderer Fahrzeuge, sowie der reichen und superreichen Sammler aus aller Welt werden.